HiN - Internationale Zeitschrift für Humboldt-Studien (ISSN: 1617-5239)

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HiN XI, 21 (2010)

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Eberhard Knobloch

Nomos und physis
Alexander von Humboldt und die Tradition antiker Denkweisen und Vorstellungen

Abstract

Alexander von Humboldt’s world view, philosophy of science, and scientific practice were dominated by the notions of measure and harmony. This matter of fact does not leave any doubt about Humboldt’s Pythagoreanism. Already the choice of the title of his Kosmos was led by Pythagorean thought. In 1846 he explicitly wrote to Jacobi that the whole first book is based on the idea that the first Hellenic seeds to all further progresses of mathematical natural knowledge are owed to the Pythagoreans and their emphasis on measure, number, and weight. The paper consists of four parts. The first part deals with Humboldt’s acquaintance with the fragments of the Pythagorean Philolaus. The second part compares the Aristotelean tradition with Philolaus’s informations on Pythagoreanism. The third part relying on the two foregoing parts explains Humboldt’s philosophy of science as a tranformation of Pythagoreanism. The last part discusses three examples taken from Humboldt’s scientific practice in order to illustrate the results deduced up to then.

* * *

Einleitung

Ohne die Fürsorge eines makedonischen Vaters für die Erziehung seines Sohnes Septimius wäre es sehr viel schwieriger, etwas über die pythagoreischen Wurzeln des Denkens Alexander von Humboldts zu sagen: zehn der dreiundzwanzig Fragmente, die Hermann Diels in seine Ausgabe der Fragmente der Vorsokratiker für den Pythagoreer Philolaos aufgenommen hat, stammen aus der Anthologie des spätantiken Johannes Stobaios aus dem makedonischen Stoboi für dessen Sohn (Diels 1912, Nr. 32).

An Jacobi, der ihn in mathematikhistorischen Fragen beraten hatte, schrieb Humboldt ein Jahr nach Erscheinen des ersten Bandes seines Kosmos am 8. November 1846 (Humboldt 1987, 84):

Durch mein ganzes Buch geht der Gedanke durch, daß der erste hellenische Keim zu allen künftigen Fortschritten des mathematischen, strengen Naturwissens nicht in der Physik der Stoffe und Zustände der Stoffe der ionischen Schule, sondern bei den Pythagoreern lag, die auf Zahl, Maaß, und Gewicht zu reduciren suchten, daß diese Richtung durch Platos Eifer für Mathematik sich vererbte in die Alexandrinische Schule und durch diese im Mittelalter wieder auflebte.

Er fügt entschuldigend hinzu: „Zürnen Sie nicht, Verehrter Freund, über den unbescheidenen Dogmatismus dieser Zeilen.“

In einer Aufzeichnung Gang des mathematischen Naturwissens schreibt er ganz ähnlich (Humboldt 1987, 155):

Ich behaupte, daß der Keim zu allen künftigen Fortschritten der wissenschaftlichen Naturkunde in der dorischen Pythagoreischen Schule, die alles auf Zahlenverhältnisse, auf Maaß und Gewicht zurückführte […], gelegen sei. Er entwickelte sich in Plato und ging durch die ganze Alexandrinische Schule.

Im Folgenden soll deshalb vier Fragen nachgegangen werden:

  1. Humboldt und Philolaos aus Kroton (‚die Pythagoreer’)

  2. Aristoteles vs. Philolaos: Haben oder Sein

  3. Humboldts Wissenschaftstheorie als Transformation des Pythagoreismus

  4. Humboldts Wissenschaftspraxis

1. Humboldt und Philolaos aus Kroton (‚die Pythagoreer’)

Humboldt bezog seine Kenntnis über die Pythagoreer, insbesondere über Philolaos aus Kroton, vor allem aus dem betreffenden Buch August Boeckhs aus dem Jahre 1819, in dem Boeckh die Fragmente des Philolaos gesammelt hatte (Boeckh 1819). Daran lässt Humboldt durch entsprechende Bezugnahmen keinen Zweifel (Humboldt 1845-1862 I, 62, 76).

Er hat Boeckhs Ausführungen wiederholt teilweise wörtlich in den Kosmos oder in Briefe übernommen. So heißt es bei Boeckh (1819, 39):

Der Geist des Pythagoreismus wird am deutlichsten im Gegensatz gegen die Ionische Philosophie begriffen.

An Encke schreibt Humboldt Anfang 1847 (Holl 2009, 86):

All unser Naturwissen ist gegründet auf mathematisches Wissen und auf Kenntniss der Stoffe. Das erste wurzelt durch Plato in Pythagoras, das zweite durch die medicinisch-chemischen Araber, durch Dioscorides der destillirte, durch Aristoteles den Beobachter organisch ausgebildeter Stoffe in der Physiologischen Schule der Ionier.

Im Kosmos heißt es (Humboldt 1845-1862 III,12):

In einem grellen Contraste mit den beiden Abtheilungen der ionischen Schule steht die, das Universum ebenfalls umfassende, mathematische Symbolik der Pythagoreer.

Boeckh führt aus (Boeckh 1819, 42f.):

Wir haben also bei den Pythagoreern eine Philosophie des Masses und der Harmonie, welche sich in den Zahlen und Formen darstellt.

Daraus wird im Kosmos (Humboldt 1845-1862 II, 139):

In der mathematischen Symbolik der Pythagoreer, in ihren Betrachtungen über Zahl und Gestalt offenbart sich dagegen eine Philosophie des Maaßes und der Harmonie. Indem die dorisch-italische Schule überall numerische Elemente sucht, hat sie von dieser Seite, durch eine gewisse Vorliebe für die Zahlenverhältnisse, die sie im Raum und in der Zeit erkennt, gleichsam den Grund zur späteren Ausbildung unserer Erfahrungswissenschaften gelegt.

Und etwas später (Humboldt  1845-1862 III, 12-13):

Der Blick bleibt einseitig geheftet in der Welt sinnlich wahrnehmbarer Naturerscheinungen auf das Gesetzliche in der Gestaltung (den fünf Grundformen), auf die Begriffe von Zahlen, Maaß, Harmonie und Gegensätzen...die Philosophie des Maaßes und der Harmonie hat noch spät auf die Entwickelung der Naturwissenschaften eingewirkt.

Entscheidend sind zwei Befunde:

1. Boeckhs Worte finden ihre Berechtigung in den Fragmenten des Philolaos.

2. Humboldts eigenes Weltbild, eigene Wissenschaftstheorie, eigene Wissenschaftspraxis sind von den beiden Begriffen Maß und Harmonie in einer Weise geprägt, die keinen Zweifel an pythagoreischen Grundpositionen lässt: Die beiden Monographien von Joost-Gaugier haben die überragende Rolle dieser beiden pythagoreischen Kernbegriffe für das Mittelalter und die Renaissance überzeugend nachgewiesen (Joost-Gaugier 2006; 2009). Im Folgenden soll dieser Nachweis für Humboldt geführt werden.

Bereits bei der Titelwahl Kosmos für sein Hauptwerk hat sich Humboldt von pythagoreischem Gedankengut leiten lassen. Ausdrücklich verweist er auf Boeckhs Sammlung der ‚echten Bruchstücke’ des Philolaos, wenn er ausführt (Humboldt 1845-1862 I, 62), Pythagoras habe als erster das Wort für Weltordnung, Welt, Himmelsraum gebraucht, wie von den Alten einstimmig versichert werde. Als Beleg führt er zwei Philolaos-Textfragmente aus der Boeckschen Sammlung an (Boeckh 1819, 62, 90 = Diels B 6, B 17).

In den beiden von Stobaios überlieferten Fragmenten tritt freilich nur das Wort ko,smoj auf, Pythagoras wird nicht genannt:

Durch Harmonien werden Ungleiches, Unverwandtes... im Kosmos zusammengehalten... Es gibt nur einen Kosmos.

Boeckh hatte seine Sammlung mit den optimistischen Worten eingeleitet (Boeckh 1819, 3):

In dem labyrinthischen Gewirre der Überlieferungen über die Pythagorische Weisheit und Pythagorische Gesellschaft... haben des Philolaos Bruchstücke sich mir immer als ein lichter Punkt dargestellt, dessen Strahl vielleicht diese Nacht einigermaßen erhellen könnte.

Er habe sich überzeugt, dass kein triftiger Grund vorhanden sei, auch nur ein einziges der erhaltenen Stücke für falsch oder verdächtig zu erklären. Dieser Optimismus wird heute nicht mehr geteilt. Von den dreiundzwanzig Fragmenten, die Diels abdruckte, hatte schon Diels das Fragment B 21 Über die Weltseele als unecht bezeichnet (Burkert 1962, III, 225). Burkert sprach von B 1, 2, 4-7 als Kernbestand (Burkert 1962, 225), davon, dass B 1-7, 13, 17 nur von den Vorsokratikern her zu interpretieren ist.

Law hat 2005 gezeigt, wie auch und gerade B 9 als echtes, von Jamblich überliefertes Fragment zu interpretieren ist und nachgewiesen, dass es zwischen dem Philolaos, wie wir ihn aus der Exzerptenreihe des Makedoniers Stobaios aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. kennen, und der Kernstelle im Corpus Aristotelicum zu den Pythagoreern, dem Abschnitt in der aristotelischen Metaphysik (I, 5) nur scheinbar einen Widerspruch gibt (Law 2005, 27-53).

Anders als noch Boeckh annahm, hat Philolaos nicht drei Bücher verfasst, sondern gegen Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. das älteste Buch der pythagoreischen Philosophie Peri. fu,sewj (Burkert 1962, 222, 256). Diesem Buch entstammen die folgenden drei Fragmente B 4, B 9, B 11, auf die um ihrer Bedeutung willen für Humboldts Wissenschaftstheorie näher eingegangen werden soll.

(1) Die Erkenntnisgrundlage

B 4 (Stobaios, Eclogae I, 21, 7b):

kai. pa,nta ga ma.n ta. gignwsko,mena avriqmo.n e;conti\ ouv ga.r oi-o,n te ouvde.n ou;te nohqh/men ou;te gnwsqhmen a;neu tou,tou.
 

Und in der Tat hat ja alles, was erkannt wird, eine Zahl. Nicht nämlich wird etwas erfasst oder erkannt ohne diese.

Mit anderen Worten: Zahl und Erkenntnis gehören zusammen, es gibt eine Strukturähnlichkeit zwischen Zahl und Kosmos (Law 2005, 26, 32). Das liest sich wie Humboldts eigenes Glaubensbekenntnis, eigene Wissenschaftstheorie. Im Kosmos heißt es dazu (Humboldt 1845-1862 III, 437):

Die Pythagoreer, denen Zahl die Quelle der Erkenntniß, die Wesenheit der Dinge war, wandten ihre Zahlentheorie, die alles verschmelzende Lehre der Zahlverhältnisse auf die geometrische Betrachtung der früh erkannten 5 regelmäßigen Körper, auf die musikalischen Intervalle der Töne, ... , ja auf den Weltenbau selbst an.

Schon zu Beginn des ersten Bandes des Kosmos (Humboldt 1845-1862 I, 390f. Anm. 48) hatte Humboldt ‚unendlich’ bedauert, dass Aristoteles den großen und der Wahrheit mehr genäherten Ansichten vom Weltbau, welche die älteren Pythagoreer hatten, so abhold gewesen sei.

(2) Der Erkenntniswert

Unter den Antithesen der Griechen ist diejenige von Nomos und Physis besonders berühmt. Die Sophistik des 5. Jahrhunderts hat diese Antithese zu Schein und Sein umgeprägt, also in der Zeit, in der Philolaos gelebt hat. Das ethnographisch-politische Begriffspaar wurde mit neuem Sinn erfüllt (Heinimann 1945, 110). Diese Entwicklung ist von den Spekulationen der ionischen Physiologen nicht zu trennen. Nicht mehr dem Nomos, dem Gesetz, durch das sich die Griechen von den Barbaren abhoben, wurde der erste Rang zugewiesen, sondern den rational erfassbaren Naturvorgängen der Physis.

Voraussetzung dafür war die Anerkennung einer unverbrüchlichen Naturgesetzlichkeit (Heinimann 1945, 125). Vor diesem Hintergrund ist das Philolaos-Textfragment B 9 zu sehen, das Jamblich überliefert (In Nicomachi arithmeticam introductionem 19, 21):

e`te,rou ga.r kairou/ diereuna/n evpi. ple,on pw/j kai. tetragwnisqe,ntoj avpo. th/j stichdo.n evkqe,sewj tou/ avriqmou/ ouvk evla,ttona piqana. evpisumbai,nei fu,sei kai. ouv no,mwi, w[j fhsi, pou Filo,laoj.
 

Es sei bei anderer Gelegenheit ausführlicher zu erforschen, wie auch, wenn die Zahl quadriert wird, mit einer Anordnung Einheit für Einheit, nicht weniger Glaubwürdiges herauskommt nach Natur und nicht nach Setzung.

Den arithmetischen Erscheinungen kommt nicht der Schein, die Falschheit des Nomos, sondern die Wahrheit der Physis zu (Law 2005, 41). Die Physis-Nomos-Erkenntnistheorie gilt dem wissenschaftstheoretischen Status der Arithmetik. Die pythagoreische Rechensteinarithmetik findet ihre Rechtfertigung in diesem Status.

(3) Die Natur der Zahl

Für Humboldt wurden die ewigen, unverbrüchlichen Naturgesetze zum Motor seines Handelns. Um so wichtiger musste für ihn die Boeckh’sche Textfassung des Fragmentes B 11 sein.

B 11 Das Fragment beginnt mit Bemerkungen zu den e;rga und der ouvsi,a der Zahl, den Werken und dem Wesen der Zahl. Dann heißt es:

gnwmika. ga.r a` fu,sij a` tw/ avriqmw/ kai. h`gemonika. kai. didaskalika. tw/ avporoume,nw panto.j kai. avgnooume,nw panti,. ouv ga.r h=j dh/lon ouvdeni. ouvde.n tw/n pragma,twn ou;te auvtw/n poqV au`ta. ou;te a;llw pro.j a;llo, eiv mh. h=j avriqmo.j kai. a` tou,tw ouvsi,a. nu/n de. ou-toj katta.n yuca.n a`rmo,zwn aivsqh,sei pa,nta gnwsta. kai. pota,gora avlla,loij kata.  gnw,monoj fu,sin avperga,zetai swmatw/n kai. sci,zwn tou.j lo,gouj cwri.j e`ka,stouj tw/n pragma,twn tw/n te avpei,rwn kai. tw/n peraino,ntwn.
 

Denn die Natur der Zahl ist Kenntnis spendend und führend und lehrend für jeden, der im Zweifel für etwas ist oder in Unwissenheit. Denn nichts von den Dingen wäre jemandem klar, weder von ihnen zueinander noch von einem zu einem anderen, wenn nicht die Zahl wäre und deren Wesen. Nun aber verbindet diese in Bezug auf die Seele alles Erkennbare und miteinander Übereinstimmende nach der Natur des Gnomon und macht es zu Körpern und trennt die Verhältnisse jedes für sich der unbegrenzten und der begrenzten Dinge ab.

Boeckh hat statt gnwmika. nomika., „weil das Gesetzliche vorzüglich passt“ (Boeckh 1819, 141), obwohl die Handschriften gnwmika. haben, und übersetzte sehr ungenau: „Zahl ist das Gesetzliche in der Natur und der Grund des Erkennbaren,...“.  Humboldt muss die Boeckh’sche Lesung gefallen haben. Aber Boeckhs Begründung für die Konjektur wurde zu Recht seitdem als unbefriedigend angesehen. Schlimmer: Burkert wies nach, dass B 11 nicht im 5. Jahrhundert v. Chr. verfasst wurde, sondern erst nach Platon und Aristoteles und zu B 1-7 im Widerspruch steht  (Burkert 1962, 254).

2. Aristoteles vs. Philolaos: Haben oder Sein?

Mit Blick auf Humboldts Rezeption der pythagoreischen Zahlenauffassung ist der aristotelische Metaphysikabschnitt von größter Bedeutung (Metaphysik I,5):

VEn de. tou,toij kai. pro. tou,twn oi` kalou,menoi Puqago,reioi tw/n maqhma,twn a`ya,menoi prw/toi tau/ta, te proh,gagon, kai. evntrafe,ntej evn auvtoi/j ta.j tou,twn avrca.j tw/n o;ntwn avrca.j wv|h,qhsan ei=nai pa,ntwn. evpei. dev tou,twn oi` avriqmoi. fu,sei prw/toi, evn de. tou,toij evdo,koun qewrei/n o`moiw,mata polla. toi/j ou=si kai. gignome,noij, ma/llon h' evn puri. kai. gh/| kai. u[dati, o[ti to. me.n toiondi. tw/n avriqmw/n pa,qoj dikaiosu,nh to. de. toiondi. yuch. kai. nou/j e[teron de. kairo.j kai. tw/n a;llwn w`j eivpei/n e[kaston o`moi,wj, e;ti de. tw/n a`rmoniw/n evn avriqmoi/j o`rw/ntej ta. pa,qh kai. tou.j lo,gouj\ evpei. dh. ta. me.n a;lla toi/j avriqmoi/j evfai,neto th.n fu,sin avfwmoiw/sqai pa/san, oi` d v avriqmoi. pa,shj th/j fu,sewj prw/toi, ta. tw/n avriqmw/n stoicei/a tw/n o;ntwn stoicei/a pa,ntwn u`pe,labon ei=nai, kai. to.n o[lon ouvrano.n a`rmoni,an ei=nai kai. avriqmo,n\
 

Zu dieser Zeit, aber auch schon vorher, beschäftigten sich die so genannten Pythagoreer als erste mit den mathemata und führten diese weiter und glaubten, nachdem sie in diesen aufgezogen waren, dass deren Prinzipien die Prinzipien alles Seienden sind. Da nun von diesen Prinzipien die Zahlen von Natur aus das Erste sind, sie aber gerade in diesen viele Ähnlichkeiten mit dem Seienden und Entstehenden zu sehen vermeinten – mehr als im Feuer, Erde oder Wasser -, weil die eine Affektion (Wirkung) der Zahlen Gerechtigkeit, die andere Seele und Vernunft, noch eine andere den günstigen Augenblick und ähnlich jedes der übrigen  sozusagen bedeuten, weil sie außerdem die Wirkungen und Verhältnisse der Harmonien in den Zahlen erblickten, weil es also schien, alle anderen Dinge glichen ihrer ganzen Natur nach den Zahlen und die Zahlen seien das Erste in der ganzen Natur, nahmen sie an, dass die Elemente der Zahlen die Elemente aller Dinge seien und der gesamte Himmel Harmonie und Zahl sei.

Humboldt geht auf diesen Abschnitt nicht ausdrücklich ein, hat ihn aber sicher gekannt und ist von ihm nachhaltig beeinflusst. Denn Christian Brandis, von ihm oft zitiert und herangezogen, bringt diesen Aristotelesabschnitt in seinem Handbuch der Geschichte der Griechisch-Römischen Philosophie (Brandis 1835 I, 464).

Wenn Zahlen und Dinge gleich sind, führt dies angesichts der Nomos-Physis-Erkenntnistheorie der Arithmetik zu einer Aufwertung des Sinnlich-Wahrnehmbaren. Seit Boeckhs Sammlung wurde aber auf den scheinbaren Widerspruch zwischen ‚Zahl haben’ (Philolaos) und ‚Zahl sein’ (Aristoteles) hingewiesen und entweder die Echtheit der Philolaos-Textfragmente bestritten oder Aristoteles des Unverständnisses für die Lehre der Pythagoreer gescholten. Die Echtheit des Philolaos-Zitates lässt sich aber vor allem mit einem Jamblich-Abschnitt belegen (De communi mathematica scientia 25 p. 78 ed. Festa/Klein, 8-21).

Nun hat schon Burkert (Burkert  1962, 247) nachgewiesen, dass ‚alles ist Zahl’ fast soviel bedeutet wie ‚alles ist seinem Wesen nach Zahl’- Law hat darüber hinaus überzeugend gezeigt, dass e;cein im erweiterten Sinn zu verstehen ist als ‚an-sich-haben’, ‚vorhandensein-an-etwas’ (Law 2005, 17), ‚ein sich verhalten’ (Law 2005, 19).

 Humboldt formuliert zu Beginn des 3. Buches des Kosmos (Humboldt 1845-1862 III, 12):

Die Dinge spiegeln sich in den Zahlen, welche gleichsam eine  ‚nachahmende Darstellung’ (mi,mhsij) von ihnen sind. Die grenzenlose Wiederholbarkeit und Erhöhung der Zahlen ist der Charakter des Ewigen, der Unendlichkeit der Natur. Das Wesen der Dinge kann als Zahlenverhältnisse, ihre Veränderungen und Umbildungen können als Zahlen-Combinationen erkannt werden.

Die Metaphysikstelle nennt er nicht. Offensichtlich hat aber Aristoteles seine Nachricht über die Pythagoreer mit Blick auf die o`moiw,mata verfasst. Aristoteles formuliert in der Metaphysik (I, 6, 987b11-12):

oi` me.n ga.r Puqago,reioi mimh,sei ta. o;nta fasi.n ei=nai tw/n avriqmw/n, Pla,twn de. meqe,xei,  tou;noma metabalw,n. th.n me,ntoi ge me,qexin h' th.n mi,mhsin h[tij  a'n ei;h tw/n eivdw/n avfei/san evn koinw/| zhtei/n.
 

Die Pythagoreer nämlich sagen, die Dinge bestehen durch Nachahmung der Zahlen, Platon aber ‚durch Teilhabe’ nach Änderung des Namens. Sie ließen freilich als gemeinsame Aufgabe zu suchen, was sie sei, die Teilhabe oder die Nachahmung.“ Platon habe also dafür  meqe,xei, durch Teilhabe, gesagt, ohne dies zu erklären.

Dies ist von größtem Interesse. Beide Metaphysik-Stellen zitiert Christian August Brandis (Brandis 1835-1860 I, 443f. Anm. 2), woher Humboldt ganz offensichtlich seine Kenntnis hatte. Humboldt lässt ein Enkomion auf die Mathematik folgen, das er in ähnlicher Form schon Ende des 2. Buches gebracht hatte und das vom Pythagoreismus inspiriert ist. Es ist ein Zitat aus Wilhelm von Humboldts Akademierede Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers aus dem Jahre 1822:

Es wohnt ein fesselnder, vom ganzen Altertum gefeierter Zauber in der Anschauung mathematischer Wahrheiten, der ewigen Verhältnisse der Zeit und des Raumes, wie sie sich in Tönen und Zahlen und Linien offenbaren. (Humboldt 1845-1862 II, 394).

Es wohnt ein fesselnder, vom ganzen Altertum gefeierter Zauber den einfachen Verhältnissen der Zeit und des Raumes inne, wie sie sich in Tönen, Zahlen und Linien offenbaren. (Humboldt 1845-1862 III, 13).

Bei Wilhelm von Humboldt heißt es (Humboldt, Wilhelm von 1822, 11):

Es liegt aber auch ein fesselnder Zauber in der blossen Anschauung der mathematischen Wahrheiten, der ewigen Verhältnisse des Raumes und der Zeit, sie mögen sich nun an Tönen, Zahlen oder Linien offenbaren. Ihre Betrachtung gewährt durch sich selbst eine ewig neue Befriedigung in der Entwicklung immer neuer Verhältnisse.

Kein Zweifel: Auch der ältere Bruder hat sich dem Zauber des pythagoreischen Gedankengutes nicht entziehen können.

3. Humboldts Wissenschaftstheorie als Transformation des Pythagoreismus

Die pythagoreischen Kernbegriffe Gesetz, Harmonie, Natur, Ordnung, Zahl und die damit verknüpften Kerngedanken finden sich als Kernbegriffe der humboldtschen Wissenschaftstheorie wieder. Humboldt spricht seine Transformation pythagoreischen Gedankenguts selbst an (Humboldt 1845-1862 I, 82):

Bei allem Beweglichen und Veränderlichen im Raume sind mittlere Zahlenwerthe der letzte Zweck, ja der Ausdruck physischer Gesetze ... so treten wiederum, wie einst in der italischen Schule, doch in erweitertem Sinne, die einzigen in unsrer Schrift übrig gebliebenen und weit verbreiteten hieroglyphischen Zeichen, die Zahlen, als Mächte des Kosmos auf.

Die Bestimmung des Menschen sei, den Geist der Natur zu ergreifen (Humboldt 1845-1862 I, 6), welcher unter der Decke der Erscheinungen verhüllt liege. Ideen, das heißt Einsicht in den Geist der Natur, müssen das Beobachten und Sammeln vernunftgemäß leiten (Humboldt 1845-1862 I, 34). Dieser Geist zeigt sich in den Naturgesetzen, die der Mensch nach Maß- und Zahlenverhältnissen kennen muss, um auf die Natur einzuwirken (Humboldt 1845-1862 I, 36).

Deshalb bereiten das Messen und Auffinden numerischer Verhältnisse zur Kenntnis der Weltgesetze vor (Humboldt 1845-1862 I, 19). Zahlen und Gesetze, die die Ordnung in Natur und Welt offenbaren, gehören zusammen, auch sprachgeschichtlich. Im lateinischen Wort ‚numerus’, Zahl, steckt die Wurzel nem = zählen, ordnen. Es ist dieselbe Wurzel, die im griechischen Verb ne,mein = ordnen, verteilen steckt, von dem das griechische Substantiv no,moj, Gesetz, abgeleitet ist (Tropfke 1980, 122).

Wenn Zahlen und Dinge (der Natur) wesensgleich sind, kann man nur über Zahlen in das Wesen der Dinge eindringen. Hieraus ergibt sich Humboldts überragendes Interesse an numerischen Ergebnissen, die mittels der Methode der Mittelwerte zu empirischen Gesetzen führen. Dies hat Humboldt immer wieder betont. Ja, der Zweck einer physischen Weltbeschreibung seien numerische Resultate (Humboldt 1845-1862 III, 488).  Hieraus ergibt sich, dass Zahlen und Dingen der Natur gleiche Attribute zukommen: ewig und unendlich, wie wir es im Kosmos nachlasen (Humboldt 1845-1862 II, 394; III, 12).

So spricht Humboldt von den ewigen Bahnen der Planeten (Humboldt 1845-1862 III, 16), den ewig leuchtenden Wolkenhüllen des Sonnenkörpers (Humboldt 1845-1862 III, 104), dem ewigen Kreislauf der Stoffe (Humboldt 1845-1862 III, 626), dem ewigen Kreislauf der Elemente (Humboldt 1845-1862 IV, 12), dem ewigen Haushalt der Natur (Humboldt 1845-1862 IV, 232), dem ewig wirkenden vulkanischen Urquell (Humboldt 1845-1862 IV, 261), dem ewig bewegten Luftkreis (Atmosphäre) (Humboldt 1845-1862 IV, 459) usf.

Kein Zweifel: Diese Welt ist auf Dauer angelegt. Deshalb sind die in ihr geltenden Gesetze ewig (Humboldt 1845-1862 I, 6; III, 4), ein Gedanke, den Humboldt aus Laplaces Exposition du système du monde übernommen hatte (Knobloch 2006, 36). Aber nicht nur er. Man findet ganz ähnliche Gedanken bei einem Autor, den Humboldt besser kannte, als er im Kosmos zugeben wollte, bei Johann Gottfried Herder. In dessen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit heißt es 1784 im ersten Teil (Herder 1784-1791, 158):

Selbst die Zahlen Pythagoras und andrer Philosophen sind kühne Versuche, die Wissenschaft der Dinge mit dem reinsten Begriff der menschlichen Seele, einer deutlichgedachten Größe zu paaren ... manchem derselben (Systeme griechischer Philosophen; EK) liegen Wahrheiten und Bemerkungen zugrunde, die wir seitdem vielleicht nicht zum Vorteil der Wissenschaft, aus den Augen verloren haben.

Es ist kein Zufall, dass einer der beiden Gesprächspartner Philolaus heißt, als Herder 1787 Gott, Einige Gespräche über Spinoza’s System nebst Shaftesbury’s Naturhymnus veröffentlicht. Theophron lässt er an die ‚feste Naturwahrheit’ erinnern, „dass aller Bestand, alles Wohlsein, ja das Wesen der Dinge selbst nur auf Maß, Proportion und Ordnung gebaut seien und sich durch diese allein erhalten.“ (Herder 1787, 55). Nach unwandelbaren Gesetzen seien alle Störungen der Planeten periodisch in bestimmten Grenzen enthalten (Herder 1787, 57). Philolaus spricht davon, die innere Natur der Sache nach unwandelbaren ewigen Gesetzen zu erforschen (Herder 1787, 67).

Auf Humboldt gewendet bedeutet dies, dass er von der philolaischen Antithese Nomos – Physis, Gesetz – Natur, zur Synthese Naturgesetz fortgeschritten ist. Da sich Naturgesetze über Zahlen erschließen – fast alle Resultate der Beobachtung seien einer Zurückführung auf Zahlenverhältnisse fähig (Humboldt 1845-1862 III, 374) – gewinnt die Grundbedeutung  von ne,mein, verteilen entscheidende Bedeutung. Humboldts überragendes Interesse an Verteilungen, Verbreitungen findet hier ihre Erklärung. Es spiegelt sich im Titel der Programmschrift seiner Forschung De distributione geographica plantarum secundum coeli temperiem et altitudinem montium, ‚Über die geographische Verteilung der Pflanzen gemäß dem mittleren Klima und der Höhe der Berge’ (Humboldt 1815). Es spiegelt sich in den ungezählten Fragen nach der Verteilung der Kontinentalmassen (Humboldt 1845-1862 I, 29), der Klimate (Humboldt 1845-1862 I, 29), der Massen (Humboldt 1845-1862 I, 57), der Materie (Humboldt 1845-1862 I, 86), von Wasser und Land auf dem Erdkörper (Humboldt 1845-1862 I, 98), der Lichtmassen der Sterne (Humboldt 1845-1862 I, 154), der Dichtigkeitsverhältnisse im Innern des Erdkörpers (Humboldt 1845-1862 I, 183), des Magnetismus oder der Vulkane auf der Erdoberfläche (Humboldt 1845-1862 I, 192, 249, 254), der klimatischen Wärme, der Luftfeuchtigkeit (Humboldt 1845-1862 I, 335), der Organismen (Humboldt 1845-1862 I, 373), der Verbreitung der organischen Formen nach Maßgabe der Tiefe und Höhe (Humboldt 1845-1862 I, 369). Die relative numerische Verbreitung der Menschenstämme über den Erdkörper sei der letzte, edelste Gegenstand einer physischen Weltbeschreibung (Humboldt 1845-1862 I, 169).

Wo ordnet sich da der Begriff Harmonie ein? In Boeckhs Philolaos hatte Humboldt die Bedeutung der Harmonie für das pythagoreische Weltbild nachlesen können: Ungleiches, Unverwandtes, ungleich Gewordenes wird durch die Harmonie zusammengeschlossen (Diels 1912, Frg. B 6), die so wenig wie die Zahl Trug in sich aufnimmt (Diels 1912, Frg. B 11). Humboldt sprach, wie wir sahen, von der Philosophie des Maßes und der Harmonie (Humboldt  1845-1862 II, 139; III, 12f.).

Sein eigenes Weltbild war von diesem harmonikalen Denken geprägt, in dem Gegensätze in einer Harmonie aufgehoben werden. In seiner Petersburger Rede aus dem Jahre 1829 betonte er, dass der ungleiche Kampf der Naturkräfte die Stabilität nicht zerstört, die offensichtlichen Störungen nicht chaotisch sind, kein Chaos hervorbringen, sondern ewigen Gesetzen unterworfen sind. Die Schwankungen lassen das gesamte System um einen mittleren Gleichgewichtszustand oszillieren (Humboldt 2009, 276).

Bereits in den Ideen zu einer Geographie der Pflanzen hatte er 1807 erklärt, aus dem freien Spiel dynamischer Kräfte gehe das Gleichgewicht hervor, das unter den Perturbationen scheinbar streitender Elemente herrsche (Humboldt 1807, 71). Im Kosmos (Humboldt 1845-1862 I, 49) spricht er von der Harmonie der belebenden Kräfte, vom Naturganzen, dem Gefühl der Einheit, dem harmonischen Einklang im Kosmos (Humboldt 1845-1862 III, 94), vom harmonischen Zusammenwirken aller Kräfte (Humboldt 1845-1862 IV, 83).

Humboldts Harmonien offenbarten die Stabilität des Kosmos auf Grund ewiger Gesetze, wie sie die Pythagoreer gelehrt hatten, kein statisches Weltbild, wie fälschlich ausgerechnet unter Berufung auf Kehlmann behauptet wurde (Glaubrecht 2008). Veränderungen gab es in Humboldts Weltbild durchaus, nur standen diese erstens insgesamt in einem notwendigen Zusammenhang (Humboldt 1845-1862 I, 37) und gefährdeten zweitens nicht den Bestand der Welt, eben weil die Kräfte ewigen Gesetzen unterworfen sind.

4. Humboldts Wissenschaftspraxis

Abbildung 2: Das Vorkommen von siebzehn Pflanzenfamilien im Verhältnis zur Gesamtmenge der Samenpflanzen
HiN XI, 21 (2010) Zoomansicht
Abbildung 1: Humboldts Messergebnisse auf seiner Überfahrt nach Lateinamerika während der Tage 11.-14. Juli 1799
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Naturerkenntnis erschließt sich nur über Zahlen, Messdaten. Diese pythagoreische Einsicht hat Humboldt zeit seines Lebens praktiziert. Er setzte das pythagoreische Weltbild in wissenschaftliche Praxis um. Weil die Zahlen das Wesen der Natur und ihrer Gesetze enthüllen, war es so wichtig, möglichst genaue Zahlen zu ermitteln, die Zahlen älterer Autoren kritisch zu prüfen. Falsche Zahlen ließen das wahre Wesen der Natur nicht erkennen.

Einzelne Messungen waren Momentaufnahmen. Um das Bleibende im Wandel, um die Gesetze zu entdecken, bedurfte es der Messreihen, bedurfte es der Methode der Mittelwerte, bedurfte es organisierter, internationaler Zusammenarbeit. Humboldts Schriften sind voll von statistischen Erhebungen. Eric Brian sprach von Humboldts ‚intérêt avéré pour la pratique statistique’, von dessen erwiesenem Interesse für die statistische Praxis (Brian 1994, 337). Humboldt schätzte diese lateinisch-barbarische Bezeichnung Statistik, wie er sagte (Humboldt 1815, X), nicht. Er zog die Bezeichnung Arithmetik vor. Im Bereich der Botanik sprach er im Anschluss an die ‚arithmétique sociale’ Condorcets oder seines Freundes Arago von ‚arithmetica botanica’ (Humboldt 1815, X, XIII, XIV u.ö.). Die ‚rationes arithmeticae’ waren die Zahlenverhältnisse, nicht ‚arithmetische Methoden’, wie eine Übersetzung glauben machen möchte (Kautenburger 1989, 182), mit deren Hilfe er die Gesetze zu finden hoffte. Drei Beispiele mögen sein Vorgehen veranschaulichen.

1. Auf der Überfahrt nach Südamerika nimmt er tägliche Messungen – oft in ein- bis zweistündigen Abständen – der Luft- und Wassertemperatur, der Luftfeuchtigkeit, der Himmelsbläue, der magnetischen Inklination vor (Humboldt 1814-1825 I, 274), s. Abbildung 1.

Die Position ist auf Bogensekunden genau für Breite und Länge vermerkt.

2. Die Schrift über die Pflanzenverteilung trägt bereits im Titel Humboldts Anliegen: Die ‚temperies coeli’ ist die ‚mittlere Beschaffenheit des Klimas’, nach der die Pflanzenverteilung ermittelt wird, nicht die ‚klimatische Beschaffenheit’ (Kautenburger 1989, 164), s. Abbildung 2.

Von siebzehn Pflanzenfamilien listet Humboldt auf drei Klimazonen bezogen auf, in welchem Verhältnis deren dortiges Vorkommen zur Gesamtmenge der Samenpflanzen (Phanerogamen) in ebenen Gebieten steht. Z. B. treten in den Tropen (der Äquinoktialzone) nur sehr wenige Cruciferen auf. Es gibt 3000 mal so viele Samenpflanzen. Aber in den kälteren Zonen steigt ihr Anteil erheblich an.

Abbildung 3: Mittlere Temperaturen von neun europäischen Städten
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3. Im Kosmos stellt er für neun Städte die mittleren Jahres- und Jahreszeittemperaturen zusammen, mit der er die europäische Weinkultur erläutert, s. Abbildung 3.

Epilog

Humboldt sprach vom Zusammenwirken aller Kräfte, die nach ewigen Gesetzen in diesem Kosmos walten. Dies klingt nach Goethes Faust, der erkennen wollte, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Faust I, Vs. 382f.). Doch nur die Ziele sind dieselben. Nicht faustische Magie, intuitive Schau aller ‚Wirkenskraft und Samen’ führen nach Humboldt zum Ziel. Als pythagoreisch geprägter Forscher war er überzeugt:

Nur das, was der Berechnung und einer geometrischen Messung zu unterwerfen ist, führt uns ... auf einen festen und sichreren Boden (Humboldt 1845-1862 I, 125).

Seine Feststellung, die dorisch-italische Schule habe überall nach numerischen Elementen gesucht, war zugleich eine Feststellung über sich selbst (Humboldt 1845-1862 II, 139).

Nachweis der Abbildungen

Abbildung 1: Humboldt 1814-1825 I, 274.

Abbildung 2: Humboldt 1815, S. XVIII.

Abbildung 3: Humboldt 1845-1862 I, 481.

 

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Letzte Aktualisierung: 26 April 2011 | Kraft
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